Orientierung im Gelände
Schon der Geländereiter sollte in der Lage sein, sich im unbekannten Gelände zu orientieren. Erst recht ein Rittführer, der Verantwortung für seine Gruppe übernommen hat. Nicht jeder Reiter ist jedoch mit einem guten, natürlichen Orientierungsvermögen ausgestattet.
Ein Geländerittführer, der in der Regel ja nur eine Gruppe auf kürzeren Strecken oder auf Tagesritten führt, wird seltener in völlig unbekanntes Gelände kommen, in dem er sich mit einem Kompass orientieren müsste. Abgesehen davon, dass es in unserem relativ dicht besiedeltem Land meist auch andere Möglichkeiten zumindest der groben Orientierung gibt, wie zum Bespiel in weiten Steppen- oder Waldgebieten anderer Länder.
Dennoch kann es auch bei kürzeren Ritten mal vorkommen, dass man sich verirrt und zumindest kurzzeitig die Orientierung verloren hat. Nachfolgend sollen daher einige Hilfen aufgezeigt werden, die sich der Rittführer zu Nutzen machen kann.
Die Bestimmung der Himmelsrichtung
Zur Orientierung im Gelände ist es wichtig, zumindest im Groben zu wissen, in welche Himmelsrichtung man reitet. Viele Menschen haben hierfür ein recht gutes Gefühl. Ist dieses Gefühl beim Rittführer wenig ausgeprägt, so ist schon das aufmerksame Beobachten der Umgebung und verschiedener Dinge sehr hilfreich.
Der Sonnenstand
Bei schönem Wetter hilft uns bei der Einschätzung der Himmelsrichtung die Sonne. Sie geht im Osten auf, erreicht im Süden ihren Höchststand und geht in Westen wieder unter. Den Höchststand erreicht die Sonne am Mittag 12:00 Uhr, sie steht zu diesem Zeitpunkt exakt im Süden.
Ganz grob kann man davon ausgehen, dass die Sonne morgens um 6 Uhr im Osten aufgeht und um 18 Uhr im Westen unter geht.
So kann man alleine durch Beobachten der Sonne in Abhängigkeit zur Tageszeit schon etwa die grobe Himmelsrichtung einschätzen
Achtung!
Alle hier und nachfolgend gemachten Zeitangaben bezieht sich auf die „Winterzeit“, welche eigentlich die „echte“ Zeit ist. Zur „Sommerzeit“ erreicht die Sonne ihren Höchststand im Süden um 13:00 Uhr!
Die Armbanduhr als Kompassersatz
Es geht aber auch im Bedarfsfall noch genauer! Durch die Abhängigkeit zwischen Sonnenstand und Tageszeit lässt sich auch mit einer analogen Armbanduhr (mit Zeiger) die exakte Himmelsrichtung bestimmen. Richtet man den kleinen Zeiger der Armbanduhr auf die Sonne aus und halbiert dann den Winkel zwischen dem kleinen Zeiger und der 12, liegt in dieser Richtung Süden. Logischerweise ist Norden dann gegenüberliegend und die anderen Himmelsrichtungen ergeben sich entsprechend.
Ein Kompass ist eingeteilt in 360 0 (Gradeinteilung des Kreises). Diese Gradeinteilung wird beginnend bei Norden im Uhrzeigersinn eingeteilt.
Auch die Armbanduhr ist ein Kreis mit 360 0, nur sind bei der Armbanduhr nicht alle Gradzahlen abgebildet. Dort haben wir eine Einteilung von 60 Minuten. Dies bedeutet, dass eine Minute auf der Armbanduhr gleichbedeutend mit 60 in einem Kreis, bzw. bei einem Kompass ist!
Achtung!
Es gibt auch Kompasse, die aus Gründen der Übersichtlichkeit nur eine Gradeinteilung aufweisen, wie wir sie bei der Armbanduhr haben – also 60 Unterteilungen à 6 0! Dies sind insbesondere kleine Kompasse, da man andernfalls bei kleinem Ziffernblatt die einzelnen Gradeinteilungen kaum noch erkennen könnte.
Hat man nun mit Hilfe der Armbanduhr die exakte Himmelsrichtung „Süden“ bestimmt, so könnte man damit sogar nach einer bestimmten Marschrichtungszahl weiter reiten. Lautet die vorgegebene Marschrichtungszahl z.B. 144 (Grad), so ist diese Angabe zuerst in Minuten umzurechnen. Es sind 24 Minuten (144 : 6 = 24) auf dem Zifferblatt der Uhr.
An dieser Stelle muss unbedingt beachtet werden, dass mit der Armbanduhr „Süden“ bestimmt wurde, und sich Norden nur rechnerisch ergibt (nämlich 30 Minuten im Uhrzeigersinn nach dem Punkt, der auf Süden zeigt – also gegenüber von Süden liegend). Dagegen wird mit einem Kompass „Norden“ als Bezugspunkt bestimmt!
Man muss also auf der Uhr 24 Minuten im Uhrzeigersinn NACH der Richtung NORDEN, (demnach 54 Minuten nach dem Punkt Süden auf der Uhr) bestimmen. Dies wäre dann die vorgegebene Marschrichtungszahl 144 aus o. g. Beispiel.
Auf Grund der Ausstattung einer Armbanduhr ist jedoch eine exakte Anpeilung eines Zieles nach dieser Marschrichtungszahl kaum möglich, denn es fehlen hier die Peileinrichtung (Kimme und Korn), sowie der hilfreiche Spiegel eines Kompasses.
Ebenso ist eine exakte Ausrichtung einer Karte (Einnorden) mit Hilfe einer Armbanduhr schwieriger durchzuführen, als mit einem Kompass. Aber auch dies ist möglich! Man zieht einfach eine gedachte Linie zwischen der Richtung Süden und Norden auf der Armbanduhr. Nun muss man nur noch den linken Kartenrandmit dieser gedachten Linie in Übereinstimmung bringen, und schon ist die Karte eingenordet! Aber bitte aufpassen, dass auch tatsächlich der ermittelte Nordpunkt der Uhr nach oben auf der Karte zeigt!
Vorausgesetzt, man kennt den eigenen Standort auf der Karte und diese nun auch eingenordet ist, könnte man sogar die Linie der o. g. Marschrichtungszahl mit der Uhr bestimmen ……! J
Es ist also durchaus möglich, mit einer Armbanduhr bei schönem Wetter (Sonne muss zu sehen sein), die Himmelsrichtungen und die Reitrichtung zu bestimmen. Nicht ganz so komfortabel, einfach und genau, wie mit einem Kompass, aber zur annähernden Orientierung im Gelände reicht es allemal aus.
Weitere Orientierungsmöglichkeiten in der Landschaft
SAT- Schüsseln
Satellitenschüsseln sind in unserer Region in den meisten Fällen auf den Satellit ASTRA ausgerichtet. Dieser steht im SÜDEN am Himmel.
Kirchenschiffe
Ältere Kirchen sind so gebaut, dass das Kirchenschiff von WESTEN nach OSTEN zeigt. Der Altar steht im OSTEN.
Historische Friedhöfe
Auf historischen Friedhöfen (aber nur dort zuverlässig!) zeigen die alten Grabsteine nach OSTEN.
Moos an den Bäumen
Oftmals und auch in verschiedener Literatur wird angegeben, man könne die Himmelsrichtung am Moosbewuchs der Bäumen erkennen. Dies ist jedoch NICHT zuverlässig, denn hierbei kommt es auch sehr auf die Licht- und Windverhältnisse am jeweiligen Standort an.
Solaranlagen
Solaranlagen zeigen vorwiegend nach SÜDEN bis SÜDWEST. Optimal nach 207 °. Je nach vorhandenem Abhängig von der Ausrichtung vorhandener Dächer liegt die Himmelsrichtung jedoch zwischen SÜDOST und SÜDWEST. Jede andere Ausrichtung würde zu einem zu hohem Wirkungsverlust führen und ist in der Regel nicht anzunehmen.
Bei einigen der oben aufgeführten Themen handelt es sich um Auszüge aus den Büchern von Hajo Seifert (Handbuch für Rittführer, bzw. Der Gelände- und Wanderreiter), welche im Jahr 2008 erschienen sind.